Nr. 11/2015 – Fahrt­kosten­erstattung durch den Arbeitgeber ist kein Einkommen im Sinne des SGB II

Jobcenter darf vom Arbeitgeber gewährte Erstattungen nicht als Einkommen auf die Grund­sicherungs­leistungen anrechnen

Das Sozialgericht Detmold hat entschieden, das Fahrtkosten, die vom Arbeitgeber erstattet werden, nicht als Einkommen im Sinne des SGB II angesehen werden können und daher vom Jobcenter nicht auf die Grund­sicherungs­leistungen angerechnet werden dürfen.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls ist SGB-II-Leistungsbezieherin, die als Gebietsbetreuerin für einen Werbeverlag tätig war. Nach dem Arbeitsvertrag stand ihr neben dem Stundenlohn unter anderem ein Anspruch auf Erstattung von Fahrtkosten je gefahrenem Kilometer mit dem eigenen PKW zu. Die im Folgemonat von dem Arbeitgeber gewährte Erstattung rechnete das beklagte Jobcenter als Einkommen auf die Grundsicherungsleistungen an.

Klägerin muss Kosten für berufsbedingte Fahrten zunächst aus monatlich zur Verfügung stehenden Mitteln finanzieren

Zu Unrecht, entschied das Sozialgericht Detmold. Das Bundessozialgericht habe bereits entschieden, dass die Rückerstattung von im Voraus gezahlten Stromabschlägen kein anrechenbares Einkommen sei. Entsprechendes gelte im Fall des Kilometergeldes, urteilte das Gericht. Die Kosten für die berufsbedingten Fahrten mit dem Pkw müsse die Klägerin aus den ihr monatlich zur Verfügung stehenden Mitteln, d.h. ihrem Einkommen sowie dem verbliebenen Regelbedarf finanzieren. Wäre der Klägerin vom Arbeitgeber ein Fahrzeug für diese Fahrten zur Verfügung gestellt worden, hätte sie keine Aufwendungen für Fahrtkosten gehabt und auch keinen Erstattungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber. Wenn nach den gesetzlichen Regelungen bereits eine Nachzahlung von SGB-II-Leistungen nicht als Einkommen berücksichtigt werden dürfe, müsse dies erst recht gelten, wenn im Interesse eines Dritten – wie hier des Arbeitgebers ein Leistungsempfänger Auslagen habe und diese später erstattet werden. Hätte der Arbeitgeber der Klägerin vorab zum Betanken eines Firmenwagens Geld gegeben, wäre dieses ebenfalls nicht als Einkommen im Sinne des SGB II angerechnet worden. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn der Arbeitgeber für die Fahrtkosten monatliche Pauschalen zahlt, ohne einen Nachweis über die tatsächlich entstandenen Kosten zu verlangen.

Quelle: Sozialgericht Detmold, Urteil vom 18.09.2014 – Aktenzeichen: S 18 AS 871/12

 

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Nr. 6/2014 – Kündigung: Arbeitgeber muss Wegfall des Arbeitsplatzes konkret darlegen

08.10.2014

Kündigung: Arbeitgeber muss Wegfall des Arbeitsplatzes darlegen
Fällt der Arbeitsplatz weg, muss dies für eine Kündigung genau begründet werden.
Bild: MEV Verlag GmbH, Germany

Arbeitgeber müssen bei Bedarf genau offenlegen, weshalb ein Arbeitnehmer das Unternehmen verlassen muss, weil der entsprechende Arbeitsplatz wegfällt. Gelingt dies nicht, ist die Kündigung schnell unwirksam, wie ein aktuelles Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf zeigt.

Grundsätzlich trifft laut BAG den Arbeitgeber die Darlegungslast dafür, dass der bisherige Arbeitsplatz eines Mitarbeiters wegfällt und dass daher dringende betriebliche Erfordernisse eine Kündigung rechtfertigen. Zudem muss der Arbeitgeber deutlich machen, dass eine andere Beschäftigung des Arbeitnehmers weder möglich noch zumutbar wäre.

Vorwürfe konkret entkräften

Wie detailliert dabei vorgegangen werden muss, hängt auch davon ab, wie sich der Beschäftigte zur Kündigung äußert. Je konkreter dieser beispielsweise eine mögliche anderweitige Beschäftigung ins Spiel bringt, desto genauer muss auch der Arbeitgeber erläutern, weshalb es nicht möglich war, den Mitarbeiter auf einem anderen Arbeitsplatz weiterhin anzustellen.

Fall: Vorstandsassistentin ohne Vorstand

Die Erfahrung, dass eine Kündigung wegen Wegfall des Arbeitsplatzes schwierig zu begründen sein kann, musste auch die Tochtergesellschaft der Stadt Düsseldorf machen. Geklagt hatte eine Assistentin, die für den ehemaligen Vorstandssprecher tätig war. Ihr Chef war jedoch bereits etwa zwei Jahre vor ihrer Entlassung aus dem Unternehmen  ausgeschieden. In dieser Zeit beschäftigte der Arbeitgeber die Assistentin angeblich mit Sonderaufgaben. Erst nachdem klar war, dass die Vorstandsstelle nicht erneut besetzt wird, kündigte die Tochtergesellschaft der Mitarbeiterin.

Die Arbeitgeberin begründete den Schritt damit, dass ohne den (zweiten) Vorstandsposten auch die Tätigkeit der dazugehörigen Assistentin nicht mehr benötigt werde. Der Arbeitsplatz sei somit weggefallen. Dies bestritt die Assistentin, da ein Teil ihrer Tätigkeiten, wie etwa die Mitarbeit an Projekten, nicht auf den Vorstand bezogen gewesen sei. Auch die zuletzt übernommenen Aufgaben fielen im Unternehmen weiterhin an. Zu dieser Zeit war der Vorstand ja bereits nicht mehr für die Gesellschaft tätig.

Arbeitsgericht gibt Klage statt

Das Arbeitsgericht stützte die Auffassung der Mitarbeiterin und gab der Kündigungsschutzklage statt. Der Arbeitgeber hat nach Auffassung der Kammer nicht hinreichend dargelegt, dass auch die nicht unmittelbar mit der Vorstandsarbeit zusammenhängenden Tätigkeiten weggefallen sind.

Quelle:  ArbG Düsseldorf, Urteil vom 30. September 2014, Az. 2 Ca 547/14