2/2014 – Unfreundliches Verhalten gegenüber Kunden rechtfertigt Abmahnung

Verhält sich ein Arbeitnehmer gegenüber Kunden unfreundlich und damit arbeitsvertragswidrig und mahnt ihn der Arbeitgeber deshalb ab, kann in der Regel eine Entfernung der Abmahnung nicht verlangt werden, so das LAG Schleswig-Holstein in seinem Urteil.

Der Sachverhalt

Der Kläger ist als Ausbildungsberater eingesetzt. Als ein Lehrgangsteilnehmer per E-Mail nach Einzelheiten einer mündlichen Ergänzungsprüfung fragte, teilte er ihm mit, es dürfe „eigentlich selbstverständlich sein, dass man sich dort anmeldet wo man sich auch zur schriftlichen Prüfung angemeldet hat. Dass Anmeldungen nicht auf Zuruf erfolgen können, sollte ebenfalls klar sein.“

Als der Kunde die Antwort als unfreundlich beanstandete, antwortete der Kläger ihm unter anderem: „Nach heute mittlerweile ca. 20 Anrufen von angehenden Meistern bleibt die Freundlichkeit einfach aus.“ Wegen dieser Korrespondenz erteilte die Arbeitgeberin eine Abmahnung. Der Kläger hält den Leistungsmangel für nicht schwerwiegend genug, als dass eine Abmahnung gerechtfertigt wäre.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein (Az. 2 Sa 17/14)

Das LandesArbeitsgericht wies, ebenso wie das Arbeitsgericht, die Klage ab. Arbeitnehmer können die Entfernung einer Abmahnung aus ihrer Personalakte nur verlangen, wenn die Abmahnung entweder inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt bzw. wenn bei einer zu Recht erteilten Abmahnung ein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers an deren Verbleib in der Personalakte nicht mehr besteht. Hier war keine dieser Voraussetzungen erfüllt.

Insbesondere ist die Abmahnung nicht unverhältnismäßig. Die abgemahnte Pflichtverletzung des Klägers stellt keine Nichtigkeit dar. Aufgabe des Arbeitnehmers ist die Kommunikation mit den Kunden. Wenn der Arbeitnehmer nicht nur einmal unfreundlich antwortet, sondern dies im Lauf der E-Mail-Kommunikation wiederholt, ist die Abmahnung berechtigt.

Quelle: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 20.05.2014 – 2 Sa 17/14 veröffentlicht: rechtsindex.de

 

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Nr. 1-2013 – BAG: Arbeitnehmer hat in Ausnahmefällen Anspruch auf Entfernung einer zu Recht erteilten Abmahnung aus der Personalakte

Voraussetzung: Entstehung unzumutbarer beruflicher Nachteile und rechtliche Bedeutungslosigkeit der Abmahnung

Ein Arbeitnehmer hat nur in Ausnahmefällen einen Anspruch auf Beseitigung einer zu Recht erteilten Abmahnung. Ein solcher Ausnahmefall liegt vor, wenn die Aufbewahrung der Abmahnung zu unzumutbaren beruflichen Nachteilen für den Arbeitnehmer führen und die Abmahnung rechtlich bedeutungslos ist. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hervor.

In dem zu Grunde liegenden Fall wurde eine bei einem Landkreis angestellte Arbeitnehmerin im April 2008 wegen einer Pflichtverletzung abgemahnt. Später erhob sie Klage auf Entfernung der Abmahnung aus ihrer Personalakte. Beide Vorinstanzen gaben der Klage statt. Dagegen richtete sich die Revision des Landkreises.

Berufungsurteil wurde aufgehoben

Das Bundesarbeitsgericht hob das Berufungsurteil auf und wies den Rechtstreit an das Landesarbeitsgericht Thüringen zurück. Denn das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht einen Rücknahmeanspruch der Arbeitnehmerin bejaht.

Fehlendes schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers an einer zu Recht erteilten Abmahnung begründet Anspruch auf Entfernung

Einem Arbeitnehmer könne nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich ein Anspruch auf Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung gemäß §§ 242, 1004 Abs. 1 BGB zustehen, wenn sie unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Bei einer zu Recht erteilten Abmahnung bestehe der Rücknahmeanspruch, wenn kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr an deren Verbleib in der Personalakte besteht. Dies setze aber voraus, dass eine Abwägung im Einzelfall ergibt, dass die weitere Aufbewahrung zu unzumutbaren beruflichen Nachteilen für den Arbeitnehmer führen könnte und die Abmahnung rechtlich bedeutungslos geworden ist.

Verlust der Warnfunktion einer Abmahnung bei längerem beanstandungslosem Verhalten

Aus Sicht der Richter könne eine Abmahnung ihre Wirkung verlieren, wenn sich der Arbeitnehmer längere Zeit beanstandungslos verhalten habe. Damit wird aber nur die Warnfunktion der Abmahnung berücksichtigt.

Arbeitgeber darf kein berechtigtes Interesse mehr haben

Das Bundesarbeitsgericht führte weiter aus, dass der Anspruch auf Entfernung einer zu Recht erteilten Abmahnung aber mehr voraussetze, als der Verlust der Warnfunktion. Der Arbeitgeber dürfe zudem kein berechtigtes Interesse mehr an der Dokumentation der gerügten Pflichtverletzung haben. Die Abmahnung dürfe für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses unter keinem rechtlichen Aspekt mehr eine Rolle spielen und daher bedeutungslos geworden sein. Solange aber die Abmahnung etwa für eine zukünftige Entscheidung über eine Versetzung, Beförderung oder für die spätere Beurteilung von Führung und Leistung in einem Zeugnis sowie die im Zusammenhang mit einer möglichen späteren Kündigung erforderlich werdenden Interessenabwägung von Bedeutung sein könne, sei dies nicht der Fall. Das Landesarbeitsgericht habe es unterlassen diese Voraussetzungen zu prüfen. Daher musste das Berufungsurteil aufgehoben werden.

Dauer des berechtigten Interesses einzelfallabhängig

Bis zu welcher Frist das berechtigte Interesse des Arbeitgebers anzuerkennen ist, sei nach Ansicht des Gerichts je nach Einzelfall zu entscheiden. Eine fest bemessene Frist gebe es nicht. Maßgeblich sei insbesondere die Schwere des gerügten Fehlverhaltens. Ein auf nur geringer Nachlässigkeit beruhender Pflichtverstoß könne seine Bedeutung für das Arbeitsverhältnis deutlich eher verlieren als ein Fehlverhalten, welches das Vertrauen in die Integrität des Arbeitnehmers erheblich beeinträchtigt.

Quelle:

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.07.2012                                                                              Aktenzeichen: 2 AZR 782/11

Bundesarbeitsgericht, ra-online vom 21.03.2013