Nr. 4-2013 – Übertragung der Monatsgespräche zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat auf den Betriebsausschuss

1. § 27 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BetrVG unterscheiden zwischen den „laufenden Geschäften“, deren
Wahrnehmung dem Betriebsausschuss kraft Gesetzes übertragen ist, und den „Aufgaben zur
selbstständigen Erledigung“, die ihm mittels qualifizierten Mehrheitsbeschlusses des Betriebsrats
übertragen werden können.
2. Die monatlichen Besprechungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber iSd. § 74 Abs. 1 BetrVG zählen
nicht zu den laufenden Geschäften iSd. § 27 Abs. 2 Satz 1 BetrVG.
3. Der Betriebsrat kann dem Betriebsausschuss diese Aufgabe aber nach § 27 Abs. 2 Satz 2 BetrVG
übertragen.
(Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des BAG)
Bundesarbeitsgericht (BAG), Beschluss v. 15.8.2012
Aktenzeichen: 7 ABR 16/11

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Nr. 3-2013 – Hessisches LAG: Handwerker haftet für den Schaden wie ein Arbeitnehmer

 

Das Hess. LAG hat mit Urteil vom 2.4.2013 – 13 Sa 857/12 – wie folgt entschieden: Der damals 46 Jahre alte Beklagte ist gelernter Schlosser und war seit vielen Jahren praktisch ausschließlich und regelmäßig weisungsunterworfen in einem Milchwerk in Hessen tätig. Das Milchwerk produzierte u. a. Milch- und Kaffeepulver in mehreren Trocknungsanlagen. Am 13.8.2008 hatte der beklagte Handwerker den Auftrag, verschiedene Metallteile an einem der Trockentürme anzubringen. Bei laufendem Betrieb schnitt er mit Schweißgerät und Trennschleifer Schlitze in die Außenwand des Trockenturms. Es entstanden Funken und glühende Metalltropfen, die in den Trockenturm tropften. 17 t Milchpulver entzündeten sich explosionsartig. Der Schaden belief sich auf rund 220 000 Euro. Er wurde von den Versicherungen des Milchwerks beglichen. Mit der vorliegenden Klage verlangte die federführende Versicherung von dem Handwerker Schadensersatz in Höhe von 142 000 Euro. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Hessische LAG hat das Urteil abgeändert, den Handwerker zur Zahlung von 17 000 Euro verurteilt und die Revision zum BAG zugelassen. Nach Ansicht des Hessischen LAG hat der beklagte Handwerker den Schaden grob fahrlässig verursacht. Es läge auf der Hand, dass bei Schweiß- und Flexarbeiten Funkenflug und heiße Metalltropfen entstehen, die erhitztes Milchpulver zur Entzündung bringen. Der Handwerker könne von Glück sagen, das er zum Zeitpunkt der Explosion gerade selbst kurz abwesend war. Für den entstandenen Schaden hafte er grundsätzlich in vollem Umfang. Für Arbeitnehmer im Rechtssinne gilt diese Haftung nach der Rechtsprechung des BAG allerdings nur unter Berücksichtigung der persönlichen Situation und der Umständen des Einzelfalls. Die Haftung soll den Arbeitnehmer nicht in den Ruin treiben. Diese Grundsätze hat das Hessische LAG hier auf den Beklagten angewandt, der zwar kein Arbeitnehmer aber als Handwerker praktisch wie ein Arbeitnehmer in den Betrieb des Milchwerks eingegliedert war. Das Hessische LAG hat deshalb die Haftungssumme auf 17 000 Euro beschränkt, was etwa 3 Monatsverdiensten des Handwerkers entsprach.

Hessisches Landesarbeitsgericht (LAG) Urteil vom 2.4.2013

Aktenzeichen: 13 Sa 857/12

Quelle: Pressemitteilung Hess. LAG vom 22.5.2013 und Der Betriebsberater vom 31.05.2013

Nr. 2-2013 BAG: Gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen

Das BAG hat mit Beschluss vom 13.2.2013 – 7 ABR 36/11 – wie folgt entschieden:1. Endet aufgrund einer Neuwahl das Amt eines Betriebsrats, wird der neu gewählte Betriebsrat Funktionsnachfolger seines Vorgängers und tritt in dessen Beteiligtenstellung in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ein. Dies gilt auch, wenn während eines laufenden Beschlussverfahrens anstelle des bisher nur für den Betrieb eines Unternehmens gewählten Betriebsrats oder der mehreren in den Betrieben des Unternehmens gewählten Betriebsräte aufgrund der rechtlichen Beurteilung des Wahlvorstands ein Betriebsrat für einen – tatsächlichen oder vermeintlichen – gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen gewählt wird.

2. Die Begriffe des Betriebs und des gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen nach dem BetrVG sind unbestimmte Rechtsbegriffe. Bei der Beurteilung, ob Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb führen, steht dem Gericht der Tatsacheninstanz ein Beurteilungsspielraum zu. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf überprüfbar, ob es den Rechtsbegriff selbst verkannt, gegen Denkgesetze, anerkannte Auslegungsgrundsätze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat.
3. Die unionsrechtlichen und nationalen Bestimmungen über die Zulassung von Dienstleistern im Bereich der Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen gebieten nicht die Annahme, ein für Bodenabfertigungsdienste zugelassenes Unternehmen, welches sich für die Auftragsabwicklung eines nicht zugelassenen Subunternehmens bedient, führe mit diesem einen gemeinsamen Betrieb i. S. d. BetrVG.
Bundesarbeitsgericht (BAG) Beschluss vom 13.2.2013 –
Aktenzeichen: 7 ABR 36/11
Quelle: Der Betriebsberater vom 31.05.2013